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Warum kleine Parteien die Regierung bestimmen dürften

14. Februar 2025 // geschrieben von Manfred

Die Bundestagswahl steckt voller Überraschungen – besonders kleine Parteien beeinflussen die Regierungsbildung maßgeblich, oft ohne selbst Teil der Regierung zu sein. Dr. Stefan Homburg analysiert das Wahlparadoxon.

Die Bundestagswahl und ihre besonderen Merkmale

Mit der bevorstehenden Bundestagswahl ergeben sich drei bemerkenswerte Besonderheiten:

  1. Viele Wähler sind noch unentschlossen.
  2. Es könnten mehr Parteien als je zuvor in den Bundestag einziehen.
  3. Eine Rekordzahl an Parteien bewegt sich um die 5%-Hürde.

Interessanterweise könnte es trotz der gestiegenen Zahl an Parteien am Ende sogar weniger im Parlament vertretene Parteien geben als zuvor. Doch was bedeutet das für die Regierungsbildung?

Aktuelle Wahlumfrageergebnisse (Quelle: DAWUM)

Das Wahlparadoxon: Kleine Parteien mit großer Wirkung

Das Wahlergebnis und damit die Regierungsbildung hängen entscheidend von der Performance der kleinen Parteien ab – selbst dann, wenn sie nicht in der Regierung vertreten sind.

Betrachten wir die aktuelle Umfragelage, lassen sich drei Gruppen identifizieren:

  • Große Parteien: CDU/CSU und AfD
  • Mittlere Parteien: SPD und die Grünen
  • Kleine Parteien: FDP, BSW und die Linke (alle nahe der 5%-Hürde)

Um in den Bundestag einzuziehen, muss eine Partei mindestens 5% der Stimmen erhalten oder drei Direktmandate gewinnen – was in Zukunft keine Rolle mehr spielen dürfte.

Szenarien der Regierungsbildung

Wenn alle kleinen Parteien scheitern:
Sollten FDP, BSW und die Linke an der 5%-Hürde scheitern, würden nur vier Parteien im Bundestag verbleiben. In diesem Fall wären eine schwarz-rote oder eine schwarz-grüne Koalition möglich. Da die Union eine bürgerliche Koalition mit der AfD ausschließt, hätte sie eine starke Verhandlungsposition gegenüber SPD und Grünen.

Wenn die FDP es schafft:
Sollte die FDP die 5%-Hürde überwinden, ändert sich das Bild drastisch. Eine schwarz-rote Koalition bliebe möglich, aber schwarz-grün hätte zu wenige Stimmen. Ironischerweise würde der Einzug der FDP ins Parlament die SPD stärken und die Grünen schwächen – obwohl die FDP selbst kaum Chancen auf eine Regierungsbeteiligung hätte.

Wenn BSW und die Linke ebenfalls einziehen:
Sollten sowohl BSW als auch die Linke die 5%-Hürde überwinden, verschiebt sich das Kräfteverhältnis erneut. Eine schwarz-rote Koalition hätte dann weniger Sitze als der Rest des Parlaments. Die FDP müsste daher hoffen, dass auch andere kleine Parteien den Sprung in den Bundestag schaffen, um eine „Deutschland-Koalition“ (CDU/CSU, SPD, FDP) zu ermöglichen.

Wenn BSW und die Linke einziehen, aber die FDP scheitert:
Falls BSW und die Linke ins Parlament einziehen, die FDP jedoch nicht, bliebe nur noch eine „Afghanistan-Koalition“ (CDU/CSU, SPD, Grüne). In diesem Fall hätten SPD und Grüne eine starke Verhandlungsposition und könnten viele Ministerien für sich beanspruchen. Dies wäre für die Union eine besonders ungünstige Situation.

Die Rolle des Wahlsystems

Diese paradoxen Effekte beruhen größtenteils auf dem deutschen Wahlsystem. Würde Deutschland nach dem Mehrheitswahlrecht wie im Vereinigten Königreich wählen, könnte die Union allein regieren und hätte nur eine starke Oppositionspartei in Form der AfD.

Doch selbst im Verhältniswahlrecht ist eine Alleinregierung nicht ausgeschlossen. Friedrich Merz könnte beispielsweise im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit zum Kanzler gewählt werden und sich dann für seine Gesetzesvorhaben situative Mehrheiten suchen. Dies würde Deutschland eine langwierige Koalitionsvereinbarung ersparen, die häufig schon nach kurzer Zeit obsolet ist.

Andere Demokratien haben in der Vergangenheit mit Minderheitsregierungen gearbeitet und damit gute Erfahrungen gemacht. Vielleicht sollte Deutschland auch in diese Richtung denken, um Frustration und Enttäuschung in der Wählerschaft zu vermeiden.