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Schuldenbremse per Hinterzimmer-Deal?

25. Februar 2025 // geschrieben von Manfred
Freidrich Merz, CDU

Am 23. Februar 2025 haben die Wähler einen neuen Bundestag bestimmt. Doch statt den demokratischen Wechsel abzuwarten, erwägt CDU-Parteichef Friedrich Merz, mit den abgewählten Mehrheitsverhältnissen noch schnell eine Grundgesetzänderung durchzudrücken. Sein Ziel: Die Reform der Schuldenbremse, bevor die neue Parlamentszusammensetzung möglicherweise eine andere Richtung vorgibt. Ein rechtlich zulässiges, aber höchst fragwürdiges Manöver, das demokratische Grundprinzipien untergräbt.

Die Schuldenbremse – ein umstrittenes Instrument

Die Schuldenbremse wurde 2009 als Reaktion auf die Finanzkrise ins Grundgesetz aufgenommen und soll eine übermäßige Neuverschuldung des Staates verhindern. Sie schreibt vor, dass der Bund seine strukturelle Neuverschuldung auf maximal 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) begrenzen muss. Für die Bundesländer gilt sogar ein vollständiges Neuverschuldungsverbot, wobei Ausnahmen nur in außergewöhnlichen Notlagen, wie Naturkatastrophen oder schweren Wirtschaftskrisen, möglich sind. Während die Regelung für finanzpolitische Stabilität sorgen soll, wird sie zunehmend als Investitionsbremse kritisiert. Besonders nach den wirtschaftlichen Belastungen der letzten Jahre wächst der Druck, die strikten Regeln zu lockern, um dringend benötigte öffentliche Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz nicht weiter auszubremsen. Zudem argumentieren Kritiker, dass die Schuldenbremse konjunkturelle Schwankungen nicht ausreichend berücksichtigt und den Handlungsspielraum des Staates einschränkt.

Eine Reform ist also durchaus diskussionswürdig – doch der Weg, den Merz einschlagen will, ist es nicht.

Merz' fragwürdiger Versuch, demokratische Prozesse auszuhebeln

Rein formal ist das Vorhaben legal. Der alte Bundestag bleibt geschäftsführend im Amt, bis sich der neue konstituiert. Das heißt, er kann theoretisch weiterhin Gesetze beschließen, sogar eine Verfassungsänderung. Doch genau hier liegt der Knackpunkt: Eine so weitreichende Entscheidung mit einer bald obsoleten Mehrheit durchzusetzen, widerspricht dem Geist der Demokratie.

Wahlen sollen Mehrheitsverhältnisse neu abbilden – nicht sie umgehen. Der Versuch, noch schnell in letzter Minute Tatsachen zu schaffen, bevor das neue Parlament überhaupt zusammentritt, wirkt wie ein politisches Hinterzimmer-Manöver. Es untergräbt die demokratische Legitimation des neu gewählten Bundestags, indem Entscheidungen getroffen werden, die möglicherweise nicht dem Willen der neuen Mehrheit entsprechen. Zudem entzieht ein solches Vorgehen den frisch gewählten Abgeordneten die Möglichkeit, in eine so grundlegende Debatte einzutreten und selbst über eine Änderung der Schuldenbremse zu entscheiden. Letztlich wird damit das Vertrauen in den parlamentarischen Prozess erheblich beschädigt.

Ein gefährlicher Präzedenzfall für die Demokratie

Sollte Merz mit diesem Vorgehen Erfolg haben, wäre das ein fatales Signal für die politische Kultur. Denn was hält eine künftige Regierung davon ab, bei drohendem Machtverlust ebenfalls noch in letzter Minute weitreichende Entscheidungen durchzudrücken? Die parlamentarische Demokratie lebt vom Vertrauen in faire Prozesse. Wer kurz nach einer Wahl noch schnell unumkehrbare Beschlüsse fasst, untergräbt dieses Vertrauen.

Selbst für Befürworter einer Reform der Schuldenbremse stellt sich die Frage: Ist eine Änderung mit abgewählten Mehrheiten wirklich die demokratisch legitimste Lösung? Sollte eine so weitreichende Entscheidung nicht besser im neuen Bundestag diskutiert werden – von den Abgeordneten, die gerade erst ein frisches Mandat von den Bürgern erhalten haben?

Eine umfassende parlamentarische Beratung einer so weitreichenden Entscheidung dürfte in der aufgeheizten Stimmung nach der Wahl und vor der Regierungsbildung kaum möglich sein. Gleiches gelte übrigens auch, wenn statt einer Reform der Schuldenbremse ein neues Sondervermögen diskutiert und entschieden würde, da hierfür die notwendigen Mehrheiten  im neune Bundestag noch fraglicher wären.

Fazit: Ein undemokratischer Taschenspielertrick

Mit seinem Vorhaben setzt Friedrich Merz die politische Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Auch wenn das Manöver formal legal sein mag, ist es eine bewusste Missachtung des Wählerwillens. Wer Demokratie ernst nimmt, nutzt Mehrheiten nicht noch schnell aus, bevor sie verschwinden, sondern stellt sich der Debatte im neu gewählten Parlament. Alles andere ist politischer Opportunismus – und eine Bankrotterklärung an den Respekt vor demokratischen Prinzipien.