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Gefährliche Normalisierung von NS-Symbolik?

04. März 2025 // geschrieben von Manfred
Karnevalswagen mit Hakenkreuz-Verharmlosung

Der diesjährige Rosenmontagszug in Düsseldorf sorgte für eine hitzige Debatte: Ein Mottowagen zeigte die AfD-Vorsitzende Alice Weidel als Hexe, die aus einem Lebkuchenhaus heraus zwei jungen Wählern eine Brezel in der Form eines Hakenkreuzes reicht. Die Darstellung stammt vom bekannten Karnevalskünstler Jacques Tilly und sollte die Verführung von Erstwählern durch die AfD satirisch kritisieren. Doch die Verwendung des Hakenkreuzes als Symbol sorgt für Empörung und wirft grundsätzliche Fragen auf: Ist eine solche Symbolik in der Satire gerechtfertigt, oder trägt sie zur Normalisierung historisch belasteter Zeichen bei?

Doppelmoral in der Symbolverwendung?

In Deutschland ist das Zeigen von NS-Symbolen nach § 86a StGB grundsätzlich verboten, es sei denn, es geschieht im Rahmen von Kunst, Wissenschaft oder Berichterstattung. Diese Ausnahmen sollen eine kritische Auseinandersetzung ermöglichen, aber die Grenzen der Zulässigkeit bleiben umstritten. Die Verwendung im Karnevalskontext wird von vielen als legitime Satire verteidigt. Kritiker hingegen befürchten eine ungewollte Normalisierung und Verharmlosung.

Besonders pikant ist der Vergleich mit früheren Fällen: So wurden Personen während der Corona-Pandemie strafrechtlich verfolgt, weil sie NS-Symbolik nutzten, um auf Diskriminierung aufmerksam zu machen. Prominentestes Beispiel ist der US-Autor C.J. Hopkins, der wegen der Darstellung eines Hakenkreuzes auf einer Maske verurteilt wurde. Gerichte argumentierten, dass eine solche Symbolik den Eindruck erwecken könne, sie sei gesellschaftlich akzeptiert, und das sei zu verhindern.

Ebenso wurden Demonstranten, die den gelben "Ungeimpft"-Stern trugen, strafrechtlich belangt, da dies als Verharmlosung des Holocausts gewertet wurde. In diesen Fällen wurde betont, dass jegliche Umdeutung der NS-Symbolik problematisch sei. Warum aber gilt diese strenge Auslegung nicht für den Karnevalswagen des WDR?

Der WDR in der Kritik

Besonders brisant wird die Debatte durch die Finanzierung des Wagens: Der Westdeutsche Rundfunk (WDR), eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, unterstützte den Wagen finanziell. Damit steht eine durch Rundfunkgebühren finanzierte Institution in der Verantwortung für eine Darstellung, die eine juristische Grauzone berührt. Während sich der WDR auf die Kunstfreiheit beruft, werfen Kritiker der Anstalt eine einseitige politische Agenda vor.

Diese Vorwürfe sind nicht neu: Bereits in der Vergangenheit wurde dem WDR sowie anderen öffentlich-rechtlichen Sendern vorgeworfen, nicht mehr neutral zu berichten und gezielt eine bestimmte politische Richtung zu begünstigen. Kritiker argumentieren, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der durch Beitragsgelder aller Bürger finanziert wird, eine ausgewogene Berichterstattung bieten müsste, statt politische Satire einseitig zu gewichten oder bestimmte Narrative zu verstärken. Die Tatsache, dass gerade in Zeiten politischer Polarisierung mit Gebührengeldern eine umstrittene Darstellung gefördert wird, verstärkt die Zweifel an der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Gefahren der schleichenden Normalisierung

Unabhängig von der politischen Perspektive bleibt die grundsätzliche Frage: Was bedeutet es für die Gesellschaft, wenn NS-Symbolik unter dem Deckmantel der Satire oder Kritik in den öffentlichen Raum zurückkehrt? Historisch aufgeladene Zeichen können durch Wiederholung an Schrecken verlieren. Dies führt zu einer schleichenden Enttabuisierung, die letztlich das Gegenteil von dem bewirken könnte, was Satire intendiert: Statt aufzuklären, könnte sie zur Abstumpfung gegenüber solchen Symbolen beitragen.

Fazit

Der Fall des Düsseldorfer Karnevalswagens zeigt, wie schwierig der Umgang mit NS-Symbolik in der öffentlichen Debatte bleibt. Die Frage ist nicht nur juristischer, sondern auch gesellschaftlicher Natur: Welche Botschaft senden wir, wenn eine bestimmte Darstellung in einem Kontext strafrechtlich verfolgt wird, in einem anderen aber als künstlerische Freiheit gilt? Doppelmoral in dieser Frage untergräbt die Glaubwürdigkeit der Rechtsstaatlichkeit und macht deutlich, dass der Umgang mit historischen Symbolen weiterhin eine Herausforderung bleibt.

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