Wenn Sprache zur Waffe wird

Wieder einmal hat ein Mitglied der Berliner Landesregierung einen beispiellosen Tiefpunkt der politischen Debattenkultur markiert. Die Berliner Wirtschaftssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) verteidigte jüngst öffentlich die absurde Charakterisierung von Tesla-Produkten als „Nazi-Produkte“. Damit überschreitet sie nicht nur die Grenzen des Anstands, sondern auch eine rote Linie des politischen Diskurses.
Die Inflationierung des Nazi-Begriffs – eine Entwertung unserer Geschichte
Der Begriff „Nazi“ steht für eines der schlimmsten Kapitel der Menschheitsgeschichte: industrielle Vernichtung, totalitäre Unterdrückung und rassistische Barbarei. Wer heute beliebig diesen Begriff verwendet, um unliebsame Unternehmen oder politische Gegner zu diskreditieren, begeht einen doppelten Verrat: an der historischen Verantwortung und am demokratischen Dialog.
Cansel Kiziltepe reiht sich in eine immer länger werdende Liste von Politikern ein, die sich der Nazi-Rhetorik als politisches Kampfmittel bedienen. Dass ein Elektroautobauer mit NS-Vergleichen belegt wird, nur weil man eine kritische Haltung zu dessen Standortpolitik oder zu Elon Musk hat, zeigt die Absurdität und Geschmacklosigkeit solcher Entgleisungen.
Politisches Kalkül statt moralischer Kompass
Es fällt schwer zu glauben, dass es sich hier nur um einen unbedachten Fehler handelt. Vielmehr scheint der inflationäre Gebrauch extremster Begriffe Teil einer bewussten Strategie zu sein: Wer seine Gegner mit dem schlimmsten denkbaren Vorwurf moralisch vernichtet, muss sich inhaltlich nicht mehr mit ihnen auseinandersetzen.
Diese Taktik ist nicht neu, aber sie wird gefährlicher, je weiter sie sich in der politischen Sprache normalisiert. Anstatt Debatten zu führen, werden Totschlagvokabeln benutzt. Anstelle von Argumenten: Anklage. Diese Entwicklung spaltet die Gesellschaft und treibt die Bürger weiter auseinander.
Wer alles „Nazi“ nennt, verharmlost das eigentliche Grauen
Die schrecklichen Verbrechen des NS-Regimes dürfen niemals zu einer bloßen rhetorischen Floskel verkommen. Wer jede politische Meinungsverschiedenheit oder jede unternehmerische Entscheidung mit dem Nationalsozialismus vergleicht, schwächt nicht nur die moralische Bedeutung des Begriffs, sondern beleidigt auch die Opfer jener Zeit.
Und schlimmer noch: Wenn echte rechtsextreme Tendenzen auftreten, wird die Gesellschaft abgestumpft sein – weil das Wort „Nazi“ dann längst jede Schärfe verloren hat.
Konsequenzen? Fehlanzeige.
Statt sich umgehend und klar zu entschuldigen, verteidigt Kiziltepe ihre Entgleisung. Rücktrittsforderungen werden von ihr und Teilen ihrer Partei als überzogen abgetan. Dabei wäre ein sofortiger Rücktritt das einzig angemessene Zeichen gewesen, um die Würde der demokratischen Sprache zu retten.
Dass selbst höchste Regierungsämter heute offenbar nicht mehr an die Verantwortung für Worte gebunden sind, ist ein beunruhigendes Signal.
Fazit: Wer die Sprache vergiftet, zerstört das Fundament der Demokratie
Worte sind nicht harmlos. Worte formen Denken. Wer gedankenlos oder absichtlich die schlimmsten Begriffe der Geschichte in banale politische Streitereien schleudert, der trägt Mitschuld an der Verrohung unserer Gesellschaft.
Es wird höchste Zeit, dass wir wieder Maß und Respekt in die politische Sprache zurückholen – und dass jene, die diese Grenzen überschreiten, klare Konsequenzen spüren.
Demokratie braucht Debatte, aber sie braucht auch Anstand.