sentix Konjunkturindex: Historische Abkopplung zwischen Euroland und den USA

Limburg - Die neuesten Ergebnisse des sentix Konjunkturindex zeigen eine bemerkenswerte Entwicklung in der globalen Wirtschaftsdynamik. Während die Konjunkturerwartungen für Euroland sprunghaft steigen, erleben die USA einen massiven Einbruch – eine Divergenz, die es in dieser Form selten gab.
Euroland: Schuldenfinanzierte Konjunkturmaßnahmen sorgen für Euphorie
In der Eurozone hat sich die Stimmung unter den Anlegern deutlich aufgehellt. Der Erwartungsindex steigt um 17 Punkte auf +18 – der höchste Wert seit Juli 2021. Besonders in Deutschland ist die Euphorie groß, wo die Erwartungen um 26,3 Punkte nach oben springen.
Der Grund für diesen Optimismus liegt in den angekündigten schuldenfinanzierten Investitionen in Rüstung und Infrastruktur. Allein Deutschland plant demnach 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und weitere 500 Milliarden Euro für Rüstungsprojekte. In der gesamten EU soll ein Rüstungspaket in Höhe von 800 Milliarden Euro aufgelegt werden. Diese Maßnahmen haben den sentix Konjunkturindex für Euroland um 9,8 Punkte auf -2,9 Punkte steigen lassen – ein seltener Anstieg dieser Größenordnung.
Ein historischer Vergleich zeigt die Bedeutung dieses Sprungs: Ähnliche Bewegungen gab es zuletzt während der Eurokrise 2012 und der Coronakrise 2020. Bemerkenswert ist auch die politische Begleitmusik: CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sprach von einem „Whatever it takes“-Moment – eine Anspielung auf die legendären Worte des damaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi im Jahr 2012.
USA: Historischer Einbruch der Konjunkturdaten
Während in Europa Optimismus herrscht, erlebt die US-Wirtschaft einen dramatischen Rückschlag. Der Erwartungsindex der USA fällt um 25,8 Punkte auf -17,8 – ein Absturz, wie er zuletzt nur während der Finanzkrise 2008 gemessen wurde. Auch die Lagebeurteilung verschlechtert sich drastisch.
Experten machen vor allem die Wirtschaftspolitik von Ex-Präsident Donald Trump verantwortlich, der mit seiner Handelspolitik Spannungen mit China, Mexiko und Kanada eskalieren lässt. Gleichzeitig nehmen die Differenzen mit Europa weiter zu. Diese Unsicherheit sorgt für Zurückhaltung bei den Investoren.
Besonders brisant: Anders als in der Finanzkrise oder der Coronakrise ist keine Intervention der US-Notenbank (Fed) absehbar, um den Einbruch abzufedern. Vielmehr zeigen sich am Kreditmarkt bereits erste Anzeichen einer Verknappung – ein mögliches Warnsignal für eine bevorstehende Rezession.
Globale Unterschiede verstärken sich
Während Euroland und die USA in entgegengesetzte Richtungen driften, zeigen sich auch in anderen Regionen unterschiedliche Entwicklungen:
- Japan kämpft mit steigender Inflation und einer restriktiveren Geldpolitik. Der Lageindex fällt um 3,3 Punkte, die Erwartungen um 3,5 Punkte.
- Schweiz und Osteuropa zeigen sich stabil, während die Lateinamerika-Werte stagnieren.
- In Asien (ex Japan) gibt es positive Signale, wenngleich das Wachstum moderat bleibt.
Die sentix-Analysten sehen in dieser ungewöhnlichen Divergenz eine der größten Herausforderungen für Investoren seit Jahrzehnten. Während die Eurozone auf schuldenfinanzierte Programme setzt, könnte sich das US-Wachstum durch die geopolitischen Unsicherheiten und Zinspolitik weiter abschwächen.
Ob sich der europäische Konjunkturoptimismus tatsächlich als nachhaltig erweist oder ob er in den kommenden Monaten von steigenden Zinsen und Inflationsängsten gebremst wird, bleibt abzuwarten.
Quelle: https://eco.sentix.de