Politikunterricht an Runkeler Schule - Schulamt bezieht Stellung

Am 17. Februar berichteten wir über eine Plakataktion an der Runkeler Johann-Christian-Senckenberg-Schule. Die Platzierung von Plakaten und einem Banner an der zur Stadthalle Runkel weisenden Fasade legte den Verdacht nahe, dass es sich um eine gezielte Aktion mit Blick auf eine am 15. Februar 2025 abgehaltene Afd-Wahlveranstaltung handelte. Diese löste einen größeren Gegenprotest aus. Auch darüber hatten wir berichtet. Das Schulamt Weilburg äußert sich nun zu unseren Fragen bezüglich dieser Aktion. Wir veröffentlichen hier die Stellungnahme des Schulamtes.
Stellungnahme des Schulamtes Weilburg
* Kursivsetzung und Fettungen durch die Redaktion
"Schule hat - nicht nur im Fach Politik und Wirtschaft – einen wesentlichen Auftrag, der auch ein Erziehungsauftrag ist: politische Bildung und die Bedeutung der Grundrechte zu vermitteln, Demokratie in der Schule erfahrbar zu machen und dafür zu sorgen, dass sich unsere Schülerinnen und Schüler als mündige Bürgerinnen und Bürger für eine demokratische und menschenwürdige Gesellschaft einsetzen.
Politische und historische Bildung und die daraus erlangten Erkenntnisse sind die Voraussetzung für das Verständnis politischer Prozesse und politischer Urteilsfähigkeit. Dieses Verständnis ist Grundlage für die Teilhabe des mündigen Bürgers an einer rechtsstaatlichen und freiheitlichen Demokratie und zugleich das beste Mittel gegen extremistische Verhaltensweisen, mit denen unsere Grundwerte infrage gestellt werden.
Im schulischen Kontext gehört die Demokratiebildung zu den Bildungs- und Erziehungszielen von Schule in allen Schulformen. § 2 Absatz 2 des Hessischen Schulgesetzes formuliert hierzu unter anderem explizit, dass die Schulen die Schülerinnen und Schüler dazu befähigen sollen, „in Anerkennung der Wertordnung des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Hessen
− die Grundrechte für sich und andere wirksam werden zu lassen, eigene Rechte zu wahren und die Rechte anderer auch gegen sich selbst gelten zu lassen sowie
− staatsbürgerliche Verantwortung zu übernehmen und sowohl durch individuelles Handeln als auch durch die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen mit anderen zur demokratischen Gestaltung des Staates und einer gerechten und freien Gesellschaft beizutragen.“
Bei der Vermittlung der dem Bildungs- und Erziehungsauftrag nach § 2 des Hessischen Schulgesetzes entsprechenden Kenntnissen, Fähigkeiten und Werthaltungen sind die hessischen Schulen selbstredend an bestimmte Vorgaben – wie den Beutelsbacher Konsens (Überwältigungsverbot) und das Hessische Schulgesetzes selbst – gebunden. Das gilt auch für die Schule in Runkel.
- 86 Absatz 3 des Hessischen Schulgesetzes regelt, dass Lehrkräfte in Schule und Unterricht politische, religiöse und weltanschauliche Neutralität zu wahren haben. Demzufolge dürfen Lehrkräfte in der Schule nicht offensiv für oder gegen eine einzelne Partei werben und unterliegen als Beamtinnen und Beamte nach § 33 Absatz 2 des Beamtenstatusgesetzes in der Öffentlichkeit dem sogenannten “Mäßigungsgebot“.
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit sowie das damit verbundene Recht auf politische Betätigung oder Parteizugehörigkeit steht jedoch grundsätzlich auch Lehrkräften zu. Sie dürfen auch in der Schule politische Haltungen vertreten oder die Aussagen anderer kritisch einordnen, immer unter der Beachtung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und des Neutralitätsgebots im Dienst.
Es besteht kein Anhaltspunkt, dass im Rahmen der von Ihnen angesprochenen angefertigten Plakate und des entsprechenden Unterrichts gegen die o.g. Vorgaben verstoßen worden ist.
Im Rahmen des Politik-Unterrichts in den Jahrgangsstufen 7 bis 9 haben Klassen an einem Demokratie-Workshop mit dem Titel „Deine Stimme zählt“ teilgenommen. Eine Aufgabe der Schülerinnen und Schüler war, zu überlegen, für welche Werte und Ziele sie in unserer Demokratie stehen. Dabei wurden im Unterricht seitens der Lehrkräfte keine parteipolitischen Meinungen geäußert.
Die persönlichen Wertvorstellungen der Schülerinnen und Schüler wurden als Ergebnisse der Workshops auf Plakaten festgehalten und diese am Freitag, 14. Februar 2025, an den Fenstern der Klassenräume im Erdgeschoss ausgehängt. Die Plakate entstanden somit im Zuge der Demokratiebildung im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2025 und sollten über die Wahl hinaus dort hängen bleiben, was auch geschehen ist. Gewünschter Nebeneffekt war die Präsentation dieser Workshopergebnisse im Kontext des Elternsprechtags, der Mitte Februar stattgefunden hat."